Immer wieder Sonntags ...

An dieser Stelle findet Ihr immer den aktuellen Sonntagsbrief und eine Videoaufzeichnung des aktuellen Gottesdienstes.

Wir wünschen Euch viel Spaß beim Anschauen!

Dein Link zum Video-Gottesdienst: 

Gottesdienst vom 14. April 2024

 

 

 

Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Gelsenkirchen-Buer

Am Spinnweg 6 | 45894 Gelsenkirchen

Im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R.

 

14. 04. 2024 • Sonntagsbrief

 

 

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.

                       Johannes 10,11a.27-28a

 

Liebe Gemeinde,

 

mit dem Wochenspruch für die neue Woche grüße ich Euch herzlich und wünsche Euch die spürbare Nähe des guten Hirten in der neuen Woche.

Eure Christine Schultze

 

Aktuelles aus dem Gemeindeleben

 

Die Aufzeichnung des heutigen Gottesdienstes findet ihr hier:

https://youtu.be/3zfSFLTUllw

 

 

 

Unsere Fürbitte gilt auch unserer Missionarin Sarah Bosniakowski, ihrer Familie und ihrem Dienst im Krankenhaus in Garoua (Kamerun).

 

Termine:

Heute             17.00 Uhr Kreis junger Erwachsener

Di., 16.04.       19.00 Uhr Bibelgespräch online

Mi., 17.04.      15.00 Uhr Senioren am Mittwoch

                        19.30 Uhr Gemeinsames Gebet

19.-21.04.        Gemeindeleitungsklausur in Oer Erkenschwick

So., 21.04.       10.00 Uhr Gebet vor dem Gottesdienst

                        10.30 Uhr Gottesdienst

 

Vorschau

25.04., 19.30 Uhr Online Bibliolog (Angebot aus dem Landesverband, siehe unten)

26.04., 19.30 Uhr Männerabend

28.04., Open House nach dem Gottesdienst – Mitbring-Buffet!

02.05., 19.00 Uhr Info-Abend zum Strukturerneuerungsprozess „Unser Bund 2025“

05.05., Mitgliederversammlung nach dem Gottesdienst

12.05. Wir erleben den Bundesgottesdienst (im Anschluss an die Bundeskonferenz) live mit            und beginnen deshalb ausnahmsweise den Gottesdienst um 10.00 Uhr!

 

Eine Einladung aus dem Landesverband für Frauen

 

Online-Bibliolog am Do., d., 25.04. von 19.30 Uhr– ca. 21.00 Uhr.

Die Teilnehmerinnen sind zu einer Reise in einen biblischen Text eingeladen und begegnen den Menschen im Text so auf eine ganz besondere Weise.

Das Thema diesmal: „Lea, was sagst du dazu?"

Geleitet wird der Bibliolog von Karin Weishaupt, die Bibliolog- und  Bibliodrama-Leiterin sowie Mitglied der Landesverbandsleitung NRW ist

 

Der Online-Bibliolog findet über die Videoplattform Zoom statt. Eine Anmeldung ist nötig, da die Teilnehmerinnenzahl begrenzt ist.

Anmeldungen bitte an Annette Grabosch: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Kollekte: Die heutige Kollekte sammeln wir für die Katastrophenhilfe unseres Bundes, wodurch u.a. die Ukraine humanitäre Unterstützung erhält. Die Not dieses Landes macht uns alle wohl sehr betroffen und wird unsere Herzen zum Geben bewegen. Vielen Dank dafür!

 

Predigt zum Lied: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“

von Dr. Karin Weishaupt

In wenigen Tagen, am 23. April, könnten wir den 100. Geburtstag einer bemerkens­werten Frau feiern, wenn sie nicht bereits im Alter von 53 Jahren an einer Krebserkrankung gestorben wäre. Sie wurde bei Königsberg geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte sie erst in Göttingen, dann in den USA Mathematik und arbeitete zunächst als Statistikerin, dann in der Computerbranche, stieg dabei in lei­tende Stellungen auf und hielt auf einem Kongress einen Vortrag über ein Thema aus der Computerprogrammierung. Nicht wegen dieser beachtlichen Karriere in der von Männern dominierten Computerwelt wurde sie bekannt, sondern wegen ihrer Verlo­bung mit Dietrich Bonhoeffer. Ich spreche von Maria von Wedemeyer, deren Brief­wechsel mit ihrem Verlobten 15 Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht wurde.

In ihrem Nachlass befand sich auch das Gedicht „Von guten Mächten wunderbar ge­borgen“, das von Siegfried Fietz vertont wurde und das wir alle kennen. Es ist ein beeindruckendes Zeugnis davon, wie man auch in dunklen Zeiten Trost und Zu­versicht aus dem Glauben schöpfen kann. Wir haben sicher alle irgendwann liebe An­gehörige verloren, vielleicht unseren Ehepartner oder unsere Ehepartnerin, außerdem haben wir am Grab von Freunden und Bekannten gestanden. Wir haben in den letzten Tagen von schweren Krankheitsfällen in unserer Gemeinde gehört, und immer wieder macht uns die Situation unserer Geschwister aus dem Iran Sorgen. Dazu kommen immer mal wieder Krankheiten und Probleme im persönlichen Bereich. Für nahezu alle Menschen stellt sich ir­gendwann die Frage: Wie finden wir Trost in dunklen Zeiten? Das soll heute unser Thema sein.

Einer, der ganz schwere und beängstigende Zeiten persönlich erlebt und dabei in sei­nem Glauben Hoffnung und Zuversicht findet, ist eben Dietrich Bonhoeffer. Er wird 1904  in Breslau geboren und zieht 1912 mit seiner Familie nach Berlin um. Er stu­diert Theologe und habilitiert sich schon im Alter von 26 Jahren. Nach einen Studien­aufenthalt in den Vereinigten Staaten wird er Privatdozent und Studentenpfarrer in Berlin. Durch seinen Schwager Hans von Dohnany kommt er in Kontakt mit der Wi­derstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus. Aufgrund seiner Kritik an der Re­gierung und Beteiligung an Rettungsaktionen für Juden wird er 1943 verhaftet. Nur knapp drei Monate vorher hat er sich mit der um 18 Jahre jüngeren Maria von Wede­meyer verlobt. Zunächst darf ihn seine Verlobte im Gefängnis besuchen, letztmalig sehen sich die beiden im August 1944. Zu Weihnachten darf Dietrich ihr aber schrei­ben. Ein materielles Geschenk für sie hat er natürlich im Gefängnis nicht, aber er schenkt ihr seine Worte. Seinem Brief fügte er ein Gedicht bei, das zu den bekanntes­ten christlichen Liedern des letzten Jahrhunderts geworden ist. Das bereits genannte Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ ist also ein Weihnachtsgeschenk von Dietrich Bonhoeffer an seine junge Verlobte.

Stellen wir uns die Situation im Haus der Familie Bonhoeffer Weihnachten 1944 in Berlin vor: Der Winter ist schon früh und mit aller Härte eingezogen. Obwohl große Teile der Stadt bereits zerstört sind, ist ihr Haus noch unversehrt. Der Vater Karl Bonhoeffer, Professor für Psychiatrie an der Charité in Berlin, ist auch mit seinen 76 Jahren immer noch gefragt. Er und seine Frau Paula, die bald 68 Jahre alt werden würde, haben schon viel Leid erfahren: Ihr zweitältester Sohn Walter ist bereits am Ende des Ersten Weltkrieges gefallen. Ihre zwei Schwiegersöhne Hans von Dohnany und Rüdiger Schleicher sind in Haft, ihre beiden Söhne Klaus und Dietrich ebenso. Von den drei Töchtern hat nur noch eine ihren Mann bei sich.

Inzwischen wohnt auch Dietrichs Verlobte Maria von Wedemeyer im Haus der Fami­lie, ihr Vater und ihr Bruder sind im letzten Jahr im Krieg gefallen. Für den Weih­nachtsabend hat die Familie das Haus so schön gestaltet hat, wie es die beschränkten Mittel im Krieg erlauben. Bis zum Sommer hatten sie alle noch Hoffnung auf eine gute Wendung; aber seit das Attentat auf Hitler gescheitert ist und dabei heikle Akten gefunden worden sind, lässt sich fast nur noch auf einen baldigen Sieg der Alliierten über das nationalsozialistische Deutschland hoffen. Aus diesen Akten geht hervor, dass Dietrich Bonhoeffer an der Planung für das Attentat beteiligt war.

Maria liest im Licht der Weihnachtskerzen den Brief vor, den sie aus dem Gefängnis erhalten hat: „Meine liebste Maria! … Ich bin so froh, daß ich Dir zu Weihnachten schreiben kann, und durch Dich auch die Eltern und Geschwister grüßen und Euch danken kann. Es werden sehr stille Tage in unsern Häusern sein. Aber ich habe immer wieder die Er­fahrung gemacht, je stiller es um mich herum geworden ist, desto deutlicher habe ich die Verbindung mit Euch gespürt. Es ist, als ob die Seele in der Einsamkeit Organe ausbildet, die wir im Alltag kaum kennen. So habe ich mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt. Du, die Eltern, Ihr alle, die Freunde und Schüler im Feld, Ihr seid mir immer ganz gegenwärtig. Eure Gebete und guten Gedanken, Bibelworte, längst vergangene Gespräche, Mu­sikstücke, Bücher bekommen Leben und Wirklich­keit wie nie zuvor. Es ist ein großes unsichtbares Reich, in dem man lebt und an des­sen Realität man keinen Zweifel hat. Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt: ‚zweie die mich decken, zweie, die mich wecken‘, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsenen heute nicht weniger brauchen als die Kinder. Du darfst also nicht denken, ich sei un­glücklich. Was heißt denn glücklich und unglücklich? Es hängt ja so wenig von den Um­ständen ab, sondern eigentlich nur von dem, was im Menschen vor­geht. Ich bin jeden Tag froh, daß ich Dich, Euch habe und das macht mich glücklich froh. –

Das Äußere ist hier kaum anders als in Tegel, der Tageslauf derselbe, das Mittagessen wesentlich besser, Frühstück und Abendbrot etwas knapper. Ich danke Euch für alles, was Ihr mir gebracht habt. Die Behandlung ist gut und korrekt. Es ist gut geheizt. Nur die Bewegung fehlt mir, so schaffe ich sie mir bei offenem Fenster in der Zelle mit Turnen und Gehen. Einige Bitten: ich würde gern von Wilhelm Raabe: ‚Abu Telfan‘ oder ‚Schüdderump‘ lesen. Könnt Ihr meine Unterhosen so konstruieren, daß sie nicht rutschen? Man hat hier keine Hosenträ­ger. Ich bin froh, daß ich rauchen darf! Daß Ihr alles für mich denkt und tut, was Ihr könnt, dafür danke ich Euch; das zu wis­sen ist für mich das Wichtigste. –

Es sind nun fast 2 Jahre, daß wir aufeinander warten, liebste Maria. Werde nicht mut­los! Ich bin froh, daß Du bei den Eltern bist. Grüße Deine Mutter und das ganze Haus sehr von mir. Hier noch ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen. Sie sind der Weih­nachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister.

  1. Von guten Mächten treu und still umgeben,

behütet und getröstet wunderbar,

so will ich diese Tage mit euch leben

und mit euch gehen in ein neues Jahr.“

Halten wir hier ein bei der Lektüre und lassen den Text des Gedichts auf uns wirken! Wieviel Vertrauen zu Gott, wieviel Zuversicht steckt darin! Wie muss er auf die Fa­milie wirken, die bereits einen Sohn verloren hat? Dietrich Bonhoeffer drückt aus,  dass er sich behütet und getröstet fühlt – und das schreibt er im Gefängnis, wo er weiß, dass jeder Tag sein letzter sein kann. Er weiß selbst, dass kaum noch Hoffnung besteht, dass er das Gefängnis lebend verlassen wird – und er schickt in dieser Situa­tion Worte des Trostes an seine Familie! Das kann nur einer, der sich selbst getröstet weiß – nicht von Menschen, sondern von einer übergeordneten Macht, von Gott.

Sein Gedicht geht weiter:

„2. Noch will das alte unsre Herzen quälen,

noch drückt uns böser Tage schwere Last.

Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen

das Heil, für das du uns geschaffen hast.“

Hier wird deutlich, dass Dietrich Bonhoeffer die Zeit sehr wohl als „böse Tage“ emp­findet; er spricht von „aufgeschreckten Seelen“ – wie menschlich! Wenn es hart auf hart kommt, dürfen wir sehr wohl Gott unser Leid klagen. Wir dürfen im Gebet vor Gott bringen, was uns belastet. Niemand zwingt uns, immer nur zu jubeln. In den Psalmen finden wir viele Beispiele dafür, dass Menschen das aussprechen, was sie belastet: wenn sie sich von anderen Menschen bedroht oder sogar von Gott verlassen fühlen, wenn sie tief am Boden liegen und keinen Ausweg mehr sehen – all das wird in den Psalmen ausgedrückt. Auch eine Klage ist ein Gespräch mit Gott. Er hält es aus, wenn wir auch ganz dunkle Gedanken vor ihm aussprechen – und vielleicht wird es dadurch bei uns wieder heller. Wir hören von David in Psalm 23, dass er sehr wohl durchs dunkle Tal wandern musste. Dunkle Zeiten hat es sicher auch in unserem Le­ben gegeben, und es wird sie wieder geben; aber Gott wird gerade dann bei uns sein.

Dietrich Bonhoeffer bittet um „das Heil, das du für uns geschaffen hast“. Wie mag Paula Bonhoeffer, die Mutter, diese Bitte hören? Sie bangt gerade um zwei Söhne und zwei Schwiegersöhne im Gefängnis. Da wäre ein heilsames Eingreifen Gottes bitter nötig! Ob die Aussage, dass Gott Heil vorsieht, bei ihr ankommt, ob ihr Herz davon berührt wird? Wahrscheinlich leidet sie als Mutter kaum weniger als ihr Sohn in all ihrer Hilflosigkeit und Ungewissheit, obwohl sie draußen in Freiheit lebt, wäh­rend er sich im Gefängnis befindet und der Willkür des NS-Regimes ausgesetzt ist.

Das Gedicht geht weiter:

„3. Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern

des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,

so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern

aus deiner guten und geliebten Hand.“

Eine schwere Strophe! Wer ist schon dankbar für Leid? Wer kann es wirklich ohne Zittern entgegen nehmen? Nun hat der Vater Karl Bonhoeffer seinen Kindern vermit­telt, in jeder Situation Haltung zu bewahren. Steckt das vielleicht dahinter, wenn sich Dietrich Bonhoeffer hier so ruhig und sicher darstellt? Oder meint er, als Pfarrer seine leidgeprüfte Familie gerade in den dunkelsten Stunden trösten zu müssen? Schwer zu sagen! Es wäre nur allzu menschlich, wenn auch ein Mann wie Dietrich Bonhoeffer von Angst und Verzweiflung gepackt würde.

Niemand von uns will leiden. Oft erkennen wir im nachhinein, wozu eine schwere Si­tuation in unserem Leben gut war, wie wir daran reifer geworden sind, dass sie doch noch irgendwie zu einem guten Ende gekommen ist. Aber mitten im Leid davon zu sprechen, dass wir es dankbar annehmen, das geht sehr weit! Das werden nur wenige Menschen wirklich ehrlich aussprechen können.

Ich erinnere mich an einen Gottesdienst, in dem das Lied Bonhoeffers gesungen wur­de. Bei dieser Strophe sagte ein Mann hinter mir: „Wisst ihr auch, was ihr da singt? Überlegt euch das gut!“ Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter: Ich kannte diesen Mann und wusste, dass er gerade in einer Therapie gegen seine Krebserkrankung steckte. Seitdem lasse ich diese Strophe in Gottesdiensten in der Regel nicht mehr singen, die allermeisten Menschen – wenn nicht alle – dürften dadurch überfordert sein.

Die nächste Strophe des Liedes klingt wieder heller:

„4. Doch willst du uns noch einmal Freude schenken

an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,

dann wolln wir des Vergangenen gedenken,

und dann gehört dir unser Leben ganz.“

Dietrich Bonhoeffer gibt die Hoffnung nicht auf, dass Gott ihm und seiner Familie noch einmal Freude schenken wird. Außerdem erinnert er sich daran, was er bereits Gutes erfahren hat. Das ist hilfreich in schweren Situationen: sich daran erinnern, wie Gott früher eingegriffen hat, wie Gott geholfen hat und wie er vielleicht auch mitten im Leid Freude hat aufkommen lassen. Es ist hilfreich, in guten Zeiten zu notieren, welche Erfahrungen wir mit Gott gemacht haben, wie er uns geholfen und Gebete er­hört hat. Diese Erinnerungen kann man hervorholen, wenn es später einmal nicht so glatt läuft. Außerdem kann man auch in der schwersten Situation den Blick darauf richten, was es trotz allem noch gibt, was Freude macht, Grund zur Dankbarkeit gibt – und wenn es nur etwas so Unscheinbares, Flüchtiges wie ein Sonnenstrahl ist.

Von Licht in der Dunkelheit handelt auch die nächste Strophe:

  1. Laß warm und hell die Kerzen heute flammen,

die du in unsre Dunkelheit gebracht,

führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.

Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Jede Kerze, die wir an Abenden,  in der dunklen Jahreszeit und insbesondere im Ad­vent anzünden, ist ein Symbol dafür, dass es mitten im Dunkel hell werden kann. Je­sus Christus sagt von sich, dass er das Licht der Welt ist. Licht wird gerade dann deutlich und bedeutungsvoll, wenn es darum herum dunkel ist. So klein das Licht ei­ner einzelnen Kerze auch sein mag: es durchbricht die Dunkelheit, es bringt Wärme und die Zuversicht, dass es wieder hell werden kann.

Nicht alle unsere Wünsche gehen in Erfüllung. Dietrich Bonhoeffer äußert die Bitte, mit seiner Familie und seiner Verlobten wieder zusammengeführt zu werden, aber er schränkt sie ein: „wenn es sein kann“. So hat Jesus auch gebetet: „Vater,  nicht mein, sondern dein Wille geschehe“ – ein Vorbild für uns. Im Vaterunser beten wir: „Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auch auf Erden.“ Wir stellen dabei den Willen Gottes über unseren eigenen – wenn wir diese Bitte wirklich bewusst aussprechen und auch wirklich das meinen, was wir sagen. Das ist nicht immer leicht, erst recht nicht, wenn das Leben gerade anders verläuft, als wir es uns wünschen.

In der sechsten Strophe schließlich schreibt Dietrich Bonhoeffer:

  1. Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,

so laß uns hören jenen vollen Klang

der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,

all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Was meint er mit „der Welt, die sichtbar sich um uns weitet“? Klingt da doch an, dass er mit der Möglichkeit rechnet, seine Angehörigen erst im Jenseits wiederzusehen, nach seinem Tod? Aber selbst wenn es so ist: dieser Gedanke erfüllt ihn nicht mit Pa­nik, sondern er führt ihn in die Stille. Er kann jetzt kein Fest mit seiner Familie feiern, aber er kann in der Stille Trost und Zuversicht erfahren und an andere weitergeben. In seinem Brief hat er geschrieben, dass gerade die Stille es ihm ermöglicht, sich mit seiner Verlobten und seinen Eltern verbunden zu fühlen. Er kann jetzt nicht zusam­men mit seiner Familie Weihnachten feiern, aber auch die Stille ist für ihn wertvoll.

Wie wohltuend muss es für die Eltern und die junge Maria von Wedemeyer gewesen sein, diese Worte ihres Sohnes bzw. Verlobten zu lesen! Dietrich Bonhoeffer hat seine Gefangenschaft nicht überlebt, sondern er ist nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, am 9. April 1945, im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet worden; gerade in der vergangenen Woche jährte sich also sein Todestag. Aber sein Glaube hat ihm geholfen, die Zeit der  Gefangenschaft durchzustehen. Durch sein Vertrauen auf Gott konnte er seiner Verlobten und seinen Eltern etwas weiterge­ben, was ihnen die Kraft gegeben hat, die schwere Zeit durchzustehen. Er hat der Nachwelt und damit auch uns mit seinem Lied ein Erbe hinterlassen, das Trost spen­det,  gerade wenn die Welt um uns herum dunkel aussieht.

  1. Von guten Mächten wunderbar geborgen,

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen

und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Das schreibt nicht jemand in der Theorie, der selbst nicht weiß, was Leid bedeutet; das schreibt einer, der selbst eine ganz dunkle Situation erfahren hat; und gerade da­durch berühren uns seine Worte so tief.

Dietrich Bonhoeffer beendet den Brief an seine Verlobte mit den Worten: „Sei mit El­tern und Geschwistern in großer Liebe und Dankbarkeit gegrüßt. Es umarmt Dich Dein Dietrich“

Kein Wunder, dass sie diesen Brief aufbewahrt hat! Sicher hat sie ihn immer wieder gelesen, und nun ist er zu einem Stück Zeitgeschichte geworden, das auch uns heute und wahrscheinlich noch Generationen nach uns Trost und Zuversicht spenden wird.

Diesen Trost haben wir nötig, weil es viel Dunkles in der Welt gibt: die Kriege in der Ukraine und in Israel, immer wieder Naturkatastrophen, jede Menge Leid auf globaler Ebene und im persönlichen Bereich. Aber das ist nur die eine Seite. Dagegen steht das, was wir zu Beginn des Gottesdienstes gehört haben: „Die Erde ist voll von der Güte des Herrn.“ (Psalm 33, 5). Für uns als Christinnen und Christen geht es darum, uns nicht vom Elend dieser Welt herunterziehen zu lassen, sondern etwas entgegen zu setzen.  Vor zwei Wochen haben wir Ostern gefeiert, die Auferstehung Jesu Christi und damit die Überwindung des Todes. Die Ratstagung unseres Landesverbandes am kommenden Samstag steht unter dem Motto: „Gegen die Resignation: wie das Evangelium Hoffnung und Orientierung bringt“.

Beispiele wie das Bonhoeffers helfen dabei, nicht zu resignieren, sondern die Hoffnung auf den zu setzen, der größer ist als der Tod und jeder Schmerz.

Manchmal bringt Gott eine leidvolle Situation wider Erwarten doch noch zu einem guten Ende; in anderen Situationen gibt er die Kraft, Schwierigkeiten durchzustehen. Sicher hätte Gott die Macht gehabt, die Hinrichtung Bonhoeffers zu verhindern, aber er hat das nicht getan, sondern er hat zugelassen, dass dieser begabte Theologe und tief gläubige Mann buchstäblich im letzten Moment dem NS-Regime zum Opfer gefallen ist. Aber gerade dadurch ist er zum Segen geworden. Wer weiß, ob wir das Zeugnis seines Vertrauens zu Gott jemals gehört hätten, wenn er doch noch gerettet worden wäre?

Jesus Christus sagt uns zu: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16, 33). Diese Gewissheit wünsche ich uns allen.

Amen.

(Anregungen zu dieser Predigt und die historischen Fakten verdanke ich einem Historiolog des Kirchenhistorikers Pfarrer Dr. Reiner Braun, Dautphetal

 

 

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